Zum Inhalt [I]
Zur Navigation [N]
Kontakt [C] Aktuelles [2] Suchfunktion [4]

50 Jahre nach der Unabhängigkeit: Aufbruchstimmung in Kinshasa

31. Mrz 2010

pax christi-Präsidiumsmitglied Dr. Heinz Werner Wessler kam vor wenigen Tagen von einer Reise aus Kinshasa, Hauptstadt des Kongos, zurück. Er antwortete auf Fragen von Heinz Rothenpieler, Sprecher der pc-Kommission "Solidarität mit Zentralafrika"

Wie laufen die Wahlvorbereitungen?

Der Leiter der seit Jahren bestehenden Wahlkommission, Abbé Malu Malu, gab sich im Gespräch zuversichtlich, dass Anfang 2011 die Lokalwahlen und dann im Mai und Juni die Präsidenten-, Parlaments- und Landtagswahlen stattfinden. Andere Gesprächspartner machen darauf aufmerksam, dass der Zeitplan nicht mehr einzuhalten ist und dass darüber hinaus die internationalen Geldgeber nicht mehr bereit sind, noch einmal Hunderte von Millionen Dollar in einen Wahlprozess in den Kongo zu pumpen. In einer Aufwallung patriotischer Stimmung hat Kabila kürzlich den Rückzug der MONUC eingefordert, der mit über 20.000 Soldaten weltweit größten Blauhelmtruppe. Wie aber Wahlen ohne die Logistik der MONUC stattfinden sollen, weiß keiner. Im Augenblick zeichnet sich außerdem nicht ab, ob es einen echten Herausforderer aus einer der Oppositionsparteien gibt. In unseren Gesprächen wurde auch gelegentlich Angst vor dem Jahr 2011 deutlich. Jose Mpundu, Träger des Friedenspreises der französischen Sektion von Pax Christi, ist der Meinung, dass es ohnehin ein Fehler ist, dass der Kongo sich seine Wahlen vom Ausland finanzieren lässt.

Wie ist die Stimmung im kirchlichen Raum?

Der katholische Erzbischof und Präsident von Pax Christi International, Monseigneur Monsengwo, ist der Meinung, dass die MONUC (UNO-Blauhelme) erst nach der Durchführung der Wahlen abziehen kann. Ähnliches habe ich auch beim Gespräch mit dem Vorsitzenden des evangelischen Kirchenverbandes herausgehört, Bischof Marini. Innerhalb der Kirche gibt es natürlich ein breites Spektrum von Meinungen. Die Militär- und Polizeipfarrer geben sich sehr bedeckt, der Sekretär der katholischen Bischofskonferenz CENCO und die Vertreter der nationalen Kommission Justitia et Pax sind dagegen sehr kritisch und sprechen von einem zunehmenden Klima der Repression.

Wo sind die Zeichen des Neuaufbruchs in der Kirche?

Das Leben in den Gemeinden ist für einen deutschen Besucher immer wieder beeindruckend: Es gibt überall Kirchenchöre, fetzigen Kirchen-Rumba in Lingala mit E-Gitarre und Schlagzeug, Tanz und vierstimmigen Choral aber auch – man höre und staune – gregorianischen Choral, wie ich es in der Palmsonntagmesse in der katholischen Kathedrale erlebt habe. Es wird auch viel und aufrichtig gebetet, ohne Zweifel. Das muss alles ein Zeichen von einem wirklichen Neuaufbruch sein, der sich in der Zukunft sicherlich als solcher erweisen wird. Beeindruckend ist für einen Deutschen auch die Tatsache, dass eine nicht geringe Zahl von Gemeinden von Laien geleitet werden – auf Lingala „Bokambi“. Diese Institution wurde von dem verstorbenen und hoch verehrten Kardinal Malula schon in den 1970er Jahren eingerichtet, blüht aber auch in der Gegenwart, wie mir Jose Mpundu versichert hat, der selbst Priester in einer solchen Gemeinde ist. Schade, dass es in Deutschland keine Bokambis gibt.